Die Geschichte der Stadtkapelle - 1956 bis 1977

Die Geschichte der Stadtkapelle - 1956 bis 1977

Wussten Sie, wann die erste Frau bei der Stadtkapelle Wiesloch mitspielte?
Dies und noch viel mehr können Sie heute in unserem Teil 3 der Geschichte der Stadtkapelle Wiesloch anlässlich unseres 125-jährigen Jubiläums erfahren.

Das Jubiläumsfest zum 60jährigen Jubiläum im Jahr 1956 sollte das zunächst letzte große eigene Ereignis werden, mit dem die Stadtkapelle Wiesloch in der Öffentlichkeit in Erscheinung trat. Denn nach dem Jubiläum hörten einige der „Männer der ersten Stunde“ nach dem zweiten Weltkrieg zumeist aus Altersgründen auf.

Dirigent Friedrich Metz führte ab 1956 die Jugendausbilgung nach einem Konzept des Heidelberger Musikpädagogen Fritz Hekler (Testkurse) durch und ermöglichte so sehr vielen jungen Menschen den Zugang zur Blas- und Volksmusik, um so den Grundstein für das weitere erfolgreiche Wirken der Stadtkapelle zu legen.

Zunächst gab es im Jahr 1959 einen Wechsel in der Führung. Nachdem Roland Thome sein Amt aus beruflichen Gründen nicht mehr weiterführen konnte, wurde Karl-Andreas Ficht zum 1. Vorsitzenden gewählt. Dessen Amtszeit war von kurzer Dauer, denn im Jahr 1961 wurde Karl Ullrich anstelle des erkrankten K.A. Ficht zum 1. Vorsitzenden bestellt.

Die Jugendarbeit zeigt erste Früchte, denn auf dem Bezirksmusikfest des Kreisverbandes Kurpfalz in Dielheim konnte die Jugendgruppe unter Friedrich Metz einen beachtlichen 2. Rang erringen.

Die Auswirkungen der Jugendarbeit zeigten sich auch in guten Ergebnissen bei den Wertungsspielen der Stadtkapelle selbst - z.B. beim Bezirksmusikfest in Neckarhausen 1963 mit Tagesbestleistung als auch bei den Wertungsspielen in Reichartshausen 1965 und in St.Ilgen 1967 mit Rang 1 in der Oberstufe.

Doch das durch das Fernsehen, die durch das Auto erweiterte Mobilität und dem zunehmenden Wohlstand geänderte Freizeitverhalten in der Gesellschaft blieb nicht ohne Auswirkungen auf das Leben in der Stadtkapelle Wiesloch. Trotz der immensen Anstrengungen von Friedrich Metz geriet die Stadtkapelle in eine Krise. Die Anzahl der Aktiven wurde geringer, von den ca. 50 Musikern in den 50er Jahren verblieben bis Ende der 60er Jahre gerade mal 20 Musiker. Die Aufrechterhaltung des Probebetriebs und auch die Erfüllung der Pflichten in der Stadt mit Sommertagszug, Winzerfest, Martinszug, Prozessionen, Konzerten etc. wurde immer schwieriger.

Im Jahr 1970 legte Friedrich Metz nach 18 Jahren Dirigententätigkeit sein Amt nieder. Trotz der damaligen aktuellen Situation war es Friedrich Metz zu verdanken, dass die Stadtkapelle sich in diesen schwierigen Jahren noch behaupten konnten. Er hatte mit seiner Jugendarbeit die Grundlage für die weitere erfolgreiche Entwicklung der Stadtkapelle gelegt und sich damit große Verdienste um den Verein erworben!

Den Dirigentenstock übernahm zunächst übergangsweise der damalige Dirigent des Bezirks Kurpfalz im Deutschen Volksmusikerbund Anton Stolz. In der Organisation des Vereins versuchten junge Musiker Anfang der siebziger Jahre der Kapelle neue Impulse zu geben. Roland Hecker löste 1971 Karl Ullrich als 1. Vorsitzenden ab und unter ihm und dem Dirigenten Anton Stolz nahm die Kapelle wieder neuen Aufschwung. Karl Ullrich wurde Ehrenvorsitzender des Vereins. Im Jahr 1972 wurde Erich Bönisch 1.Vorsitzender und der langjährige Musiker Josef Ziegler aus Nußloch übernahm von Anton Stolz das Dirigentenamt.

Im Jahr 1972 wurde unter der Ägide von Erich Bönisch das erste „Sommerfest mit Musik“ durchgeführt beim dem die Musiker bewiesen, dass man in der Lage ist, ein Fest auszurichten und zu feiern. Die Stadtkapelle Wiesloch war wieder aktiv mit eigenen Veranstaltungen zurück im Freizeitangebot der Weinstadt Wiesloch. Gerade die jungen Musiker, die aus der Ausbildung von Friedrich Metz enstammen, übernahmen nicht nur musikalisch immer mehr Verantwortung sondern waren auch zunehmend in der Führung des Vereins und bei den gesellschaftlichen Anlässen aktiv.

Im Herbst 1974 wurden Horst Kummerow zum 1. Vorsitzenden und Klaus Adam als Stellvertreter gewählt. Das Hauptanliegen dieses Vorstandes war vor allen Dingen das Ansehen und die Bedeutung der Stadtkapelle durch Verbesserung der Qualität durch bessere Ausbildung und Stärkung der inneren Geschlossenheit zu heben. Ein von Horst Kummerow erarbeitetes Zielkonzept war die Richtschnur der Arbeit in den folgenden Jahren
- mit dem Ziel der Schaffung eines repräsentativen Blasorchesters
- einer verbesserten Jugendausbildung in Zusammenarbeit mit der Jugendmusikschule Wiesloch und
- einer höheren Attraktivität durch eigene Veranstaltungen. 
Der damalige Bürgermeister der Stadt Wiesloch, Heinz Bettinger sagte der Stadtkapelle hierfür die Unterstützung zu.

Im Mai 1975 war die Stadt- und Feuerwehrkapelle Weinstadt Wiesloch erstmals im Ausland unterwegs. Im Rahmen der Städtepartnerschaft mit der französischen Stadt Fontenay-aux-roses in der Nähe von Paris wurde dort die Weinstadt Wiesloch würdig vertreten. In der Zwischenzeit war mit der Trompeterin Christine Hohmann auch die erste Frau in der Stadtkapelle Wiesloch aktiv.    

Die Stadtkapelle trug seit der Gründung des Vereins im Jahr 1957 offiziell den Namen „Stadt- und Feuerwehrkapelle Wiesloch“. Durch eine Änderung der Feuerwehrverordnung des Landes waren solche Konstruktionen nicht mehr so einfach möglich. Auch gab es keine gemeinsamen Anknüpfungspunkte zwischen der Feuerwehr Wiesloch und der „Stadt- und Feuerwehrkapelle“

Der neue Vorstand zog daraus die Konsequenzen und am 7. Juli 1975 wurde deshalb in das Vereinsregister beim Amtsgericht Wiesloch die Stadtkapelle Wiesloch e.V. als Verein eingetragen. Damit waren auch die rechtlichen Voraussetzungen für einen weiteren Aufschwung gegeben.

Im Mai 1976 wurde mit einem Jubiläumskonzert und einer feierlichen Messe das 80jährige Jubiläum eröffnet, welches im Juni mit einem Musikfest mit 10 Blasorchestern aus der Region auf dem Festplatz in der Gerbersruhe gebührend gefeiert wurde. Zu den Höhepunkten des Festes zählten die Weiß-Blaue Stimmungsparade mit dem Bayern- und Gebirgstrachtenverein aus Heidelberg und der Festzug als Blumencorso unter dem Motto Musik- und Blumen unter Beteiligung von damals allen Wieslocher Autohäusern. 

Zum Winzerfest 1976 war als erste Gastkapelle die Musikkapelle Taisten aus dem Südtiroler Pustertal bei der Stadtkapelle Wiesloch zu Gast. Einige Wieslocher Musiker sind seit den harmonisch verlaufenen Tagen in Wiesloch mit den Taistner Musikern bis auf den heutigen Tag freundschaftlich verbunden.

Im Jubiläumsbild aus dem Jahr 1976 sind in der vorderen Reihe mit Christine Hohmann, Marion Stephan und Jutta Hecker die ersten drei Damen in der Stadtkapelle im Bild festgehalten!

Nach dem 80jährigen Jubiläum legte Josef Ziegler aus gesundheitlichen Gründen die Dirigentschaft nieder. Für die Stelle des vakanten Dirigenten wurde ein neuer Dirigent mit professionellem Hintergrund gesucht. Unter den zahlreichen Bewerbern wurde Georg Hartlieb nach Probedirigat und einem intensiven Meinungsaustausch mit dem Vorstand als neuer Dirigent ausgewählt.

Georg Hartlieb, aus dem Nachbarort Malsch stammend, hatte seine ersten musikalischen Schritte beim Musikverein Konkordia Malsch unternommen. Nach dem Abitur war er zunächst während einer vierjährigen Dienstzeit Mitglied verschiedener Musikkorps der Bundeswehr, um dann ein Musikstudium an der Staatlichen Hochschule für Musik und Theater Heidelberg aufzunehmen. Nach Abschluss des Studiums an der Posaune bei Prof. Paul Schreckenberger war er als Musiklehrer an der Sing- und Musikschule Heidelberg und als nebenamtliche Lehrkraft an der Jugendmusikschule Südliche Bergstraße Wiesloch tätig. Mit Georg Hartlieb war ein Fachmann ausgewählt worden, der die persönlichen Voraussetzungen hatte, die in der Zielkonzeption aus dem Jahr 1974 angesprochenen Ziele verwirklichen zu helfen. Im Rahmen der Winterfeier 1977 wurde Josef Ziegler als Dirigent verabschiedet und Georg Hartlieb als neuer Dirigent der Stadtkapelle Wiesloch der Öffentlichkeit vorgestellt.

 

Fortsetzung folgt. (hkw)